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Goldene Adele:
Das teuerste "Wow"

Von unserem Korrespondenten NORBERT RIEF (Die Presse) 17.07.2006

Bei Klimts Goldener Adele in New York hŠlt sich der Andrang noch in Grenzen.
Doch gerechnet wird mit tausenden Besuchern pro Tag.

2001 wurde die "Neue Galerie" auf der New Yorker Museumsmeile, der Fifth
Avenue šstlich des Central Park, eršffnet. 1914 errichtet, war das
Stadtpalais als Residenz der Vanderbilts ein gesellschaftliches Zentrum New
Yorks. |(c) AP

Wie beschreibt man die "Goldene Adele"? Wie beschreibt man das glŠnzende
Gold der Leinwand, das bleiche Gesicht der Wiener Industriellenehefrau, ihr
dunkles Haar, die Ornamente und Silberverzierungen, die drei Jahre Arbeit,
die Gustav Klimt in die 138 x 138 Zentimeter steckte?

"Wow", sagt Heather Padden. Die 57-JŠhrige ist eigens vier Stunden aus dem
US-Bundesstaat Maryland angereist, um das berŸhmte PortrŠt zu sehen. "Es ist
wunderschšn. Kein Foto, kein Druck kommt dem Šhnlich. Man muss davor stehen,
um es wirklich schŠtzen zu kšnnen." Und noch einmal: "Wow." "Wow" hšrt man
am šftesten, wenn man die Menschen nach ihrem Eindruck fragt. Traubenweise
standen sie am Wochenende vor dem PortrŠt "Adele Bloch-Bauer I" und
"wowten".

Zum ersten Mal ist die "Goldene Adele" au§erhalb …sterreichs zu sehen. Das
Bild, das einst in der …sterreichischen Galerie Belvedere hing, gehšrt jetzt
der "Neuen Galerie", einem kleinen Museum an New Yorks 5th Avenue, direkt
gegenŸber des Central Park. Eršffnet wurde es vor fŸnf Jahren vom New Yorker
GeschŠftsmann, Kosmetikkonzern-Erbe und frŸheren US-Botschafter in Wien
Ronald Lauder. Die Idee hatte er gemeinsam mit dem 1996 verstorbenen
KunsthŠndler Serge Sabarsky.

In der gediegenen, holzvertŠfelten AtmosphŠre des frŸheren Stadtpalais der
MillionŠrs-Familie Vanderbilt sind jetzt in erster Linie Werke des
šsterreichischen und deutschen Expressionismus ausgestellt, darunter viel
Schiele und Kokoschka, aber auch angewandte Kunst, viel Wertvolles der
Wiener WerkstŠtte etwa.

Als …sterreich die "Goldene Adele" als Nazi-Raubgut an die Erben
Bloch-Bauers zurŸckgeben musste, konnte Lauder nicht widerstehen:
GerŸchteweise bezahlte er sagenhafte 135 Millionen Dollar - der hšchste
bisher an die …ffentlichkeit gedrungene Preis, der je fŸr ein Bild bezahlt
wurde.

Das ist der zweite Teil des "Wow", das man von den Besuchern hšrt. "Das ist
eine unglaubliche Summe", sagt Peter Johnson. "Mit dem Geld kšnnte man viel
anfangen." Ob es das Bild wert ist? "Mein Gott, wenn man's hat und das Bild
unbedingt haben will, bitte." Seine Frau ist anderer Ansicht und flŸstert
verschwšrerisch: "Ich wŸrde nicht einmal 100 Dollar dafŸr bezahlen." Sie ist
wegen der Schieles gekommen, Klimt "mag ich nicht".

Damit ist sie an diesem Tag freilich in der Minderheit. Eine lange Schlange
ist es zwar noch nicht, die im prallen Sonnenschein und bei unertrŠglich
hoher Luftfeuchtigkeit um den Eingang herum auf der 86. Stra§e steht. Aber
15 Minuten Wartezeit, bevor man vorgelassen wird, sind Ÿblich. Drau§en
stehen Absperrgitter bereit, falls der Ansturm grš§er wird und es zu
"kulturellen Mob-Szenen" kommt, wie es ein New Yorker Kunstkritiker
ausdrŸckte.

"In Los Angeles sind am Schluss 7500 Menschen pro Tag gekommen", sagt der
stellvertretende Direktor Scott Gutterman, wohl auch etwas hoffnungsvoll. In
ihrem Heimatmuseum, dem "Los Angeles County Museum of Art", hatte eine der
Bloch-Bauer-Erbinnen, Maria Altmann, die fŸnf restitutierten Bilder zuerst
zur Schau gestellt, bevor Lauder die goldene "Adele I" kaufte.

Jetzt hŠngt sie, mit den Ÿbrigen vier restituierten Klimt-Bildern als
Leihgaben - "Adele II", "Birkenwald", "Apfelbaum I" und "HŠuser in Unterach
am Attersee" - bis 18. September hinter ein Zentimeter dickem Panzerglas in
New York. †ber die RŸckgabe nach 68 Jahren informiert eine Schautafel. Die
Meinungen der Besucher darŸber sind geteilt: "Es war schrecklich, was man
hier gemacht hat, dass das so lange gedauert hat", sagt Elisa Miller. "Eine
Schande", meint auch Jay Palmer.

Anders dagegen Kim Baskow aus Massachusetts: "Es ist anstŠndig von
…sterreich, dass man die Bilder zurŸckgegeben hat."

Ein New Yorker franzšsischer Herkunft hat die Goldene Adele in Wien und
jetzt in New York gesehen. "Es ist schšn, dass sie in meiner Heimatstadt
ist", meint der Mann. "Aber irgendwie gehšrt sie zu …sterreich. Vielleicht
kehrt sie ja eines Tages nach Wien zurŸck."
 
 

18. Juli 2006
15:30

Ankauf der Klimt-Bilder in Offenem Brief gefordert
Darin wird "Nichthandeln" von SchŸssel und Gehrer beklagt - unterzeichnet
unter anderem von Ex-Vizekanzler Busek

Wien - Den Ankauf der vier verbliebenen Klimt-Bilder aus der Sammlung
Bloch-Bauer, die aus der …sterreichischen Galerie Belvedere an die Erben um
Maria Altmann restituiert worden und derzeit in New York zu sehen sind,
durch die Republik …sterreich fordern prominente Unterzeichner in einem
Offenen Brief an Bundeskanzler Wolfgang SchŸssel und Bildungsministerin
Elisabeth Gehrer. "Ihr Nichthandeln bedeutet kurzfristig finanzielle
Ersparnis, aber langfristig einen unermesslichen und unwiederbringlichen
Verlust fŸr das ganze Land", hie§ es in dem Schreiben.

FŸr die "InterdisziplinŠre Plattform šsterreichischer KunsthistorikerInnen,
RestauratorInnen und Kulturschaffender" haben u. a. Ex-Vizekanzler Erhard
Busek, der Verfassungsrechtler Theodor …hlinger und Artur Rosenauer
(Mitglied des Restitutionsbeirats) unterzeichnet.

Kulturerbe zu teuer?

Die "Goldene Adele" war von Ronald Lauder nach Medienberichten fŸr 135 Mio.
Dollar (107,6 Mio. Euro) fŸr seine "Neue Galerie" in New York angekauft
worden, wo das damit zum teuersten GemŠlde avancierte GoldportrŠt derzeit
mit den weiteren vier Klimt-Bildern "Adele Bloch-Bauer II", "Der Apfelbaum",
"Buchenwald" und "HŠuser in Unterach am Attersee" zu sehen ist. Die hohe
Summe fŸr die "Goldene Adele" zeige, dass der von Altmann-Anwalt E. Randol
Schoenberg gegenŸber der Bundesregierung "genannte Kaufpreis weder
unrealistisch noch Ÿberhšht" war, hie§ es in dem Brief.

"Das eigene kulturelle Erbe soll dem 'Kulturland' …sterreich 'zu teuer'
sein?", wird gefragt. "Dass Verluste selbst in Milliardenhšhe verschmerzbar
sind und, wie uns versichert wurde, auch saniert werden kšnnen, haben uns
die letzten Monate vor Augen gefŸhrt!"

"Ahnungslosigkeit und Desinteresse"

"Die šsterreichische Bundesregierung hingegen zeigt weiterhin nur
Ahnungslosigkeit und Desinteresse, die Klimt GemŠlde zu einem fairen Preis
von der Erbengemeinschaft um Maria Altmann anzukaufen", hie§ es weiter. "Die
provinzielle Vogel-Strau§ Politik weckt im Ausland Hohn und lastet
schmachvoll auf unserem Land."

Als Gruppe geben die noch zum Kauf stehenden vier GemŠlde "einen
unvergleichlichen Einblick in verschiedenste Facetten von Gustav Klimts
Werk." Die GemŠlde seien "bleibende Werte. Sie haben eine kontinuierliche
Wertsteigerung und sind damit eine wertvolle Investition - auch fŸr kŸnftige
Generationen." Mit einem Ankauf kšnnte ein "Beitrag fŸr eine ehrliche
Aufarbeitung der dŸsteren NS-Vergangenheit unseres Landes" gesetzt werden.
(APA)