06. Februar 2006
14:50 Ê Abschiednehmen voller Bedauern
Mehr als 8.000 Besucher warfen in vergangen drei Tagen letzten Blick
auf die
Klimt-Bilder - GemŠlde wurden heute endgŸltig abgehŠngt
Langes Anstellen und Blockabfertigung: Die Besucher lie§en sich die
letzte
Gelegenheit, die Klimtbilder im Belvedere zu sehen, dennoch nicht vergŠllen.
Aura und Abschiedsschmerz: massenhafter Andrang vor Klimts "Goldener
Adele"
im Oberen Belvedere - jetzt ist es vorbei mit der Schaulust in Wien.
Mehr als 8.000 Menschen warfen in den vergangenen drei Tagen einen letzten
Blick auf die Klimt-GemŠlde.
Ê Wien - Gerbert Frodl, Direktor der
…sterreichischen Galerie, hat an
seinem Plan, die Klimt-Bilder heute abzuhŠngen, festgehalten: Er habe
von E.
Randol Schoenberg, dem Anwalt von Maria Altmann, bis Sonntagnachmittag
nichts gehšrt. Er kšnne daher nicht davon ausgehen, die Bilder lŠnger
zeigen
zu dŸrfen. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hatte am Donnerstag
erklŠrt,
die Bilder stŸnden den Erben nach Ferdinand Bloch-Bauer "ab sofort"
zur
VerfŸgung.
Besucheransturm
Heute Vormittag wurden die GemŠlde abgenommen, um sie im Depot bis zur
terminlich noch nicht fixierten Abholung aufzubewahren. Vorher sollen
die
Restauratoren des Hauses allerdings noch Zustandsprotokolle der Bilder
erstellen, um eine sachgerechte †bergabe der millionenschweren Kunstwerke
zu
ermšglichen. ErwartungsgemŠ§ hatte die Entscheidung des Direktors am
Wochenende einen Besucheransturm auf die …sterreichische Galerie zur
Folge.
Schon am Samstag konnte man mehr als 2.000 Besucher verzeichnen, die
sich
durch die langen Warteschlangen vor dem Haus nicht abschrecken lie§en.
Um
den Ansturm zu bewŠltigen, wurde man schon am Samstag nur blockweise
in das
Haus eingelassen, in dem man sich weiterhin geduldig zeigen musste.
Denn die
RŠume, in denen die Bilder ihre angestammten PlŠtze hatten, waren das
Ziel
von insgesamt cirka 4.000 Menschen, die einen letzten Blick auf die
Bilder,
angebliche StŸtzpfeiler der heimischen KunstidentitŠt, werfen wollten.
Heute gab es die exakten Zahlen zum Rekord-Wochenende: Insgesamt besuchten
von Freitag bis Sonntag 8.381 Menschen das Museum. Am Freitag waren
es
1.440, am Samstag 3.230 und am Sonntag 3.711 Besucher. Zuletzt gab
es bei
der Staatsvertrags-Schau im vergangenen Mai einen derart gro§en Andrang.
Damals kamen an Spitzentagen Ÿber 2.400 GŠste, die einmal das Original
des
…sterreichischen Staatsvertrags bestaunen wollten.
Bedauern Ÿber die langen Verhandlungen
Rund um die kostbaren GemŠlde ein vielfŠltiges Stimmengewirr mit
durchgŠngigem Tenor: "Es geht eigentlich relativ rasch", meinte eine
junge
Frau vor Ort, die die RŸckgabe der Bilder zutiefst bedauert, aber "natŸrlich
fŸr rechtmŠ§ig" hŠlt.
Bedauert wurden aber nicht nur die RŸckgabe der Bilder, sondern auch
die
langen Verhandlungen, die die Bilder im Preis nun unerschwinglich werden
lie§en: "Man hŠtte das alles viel frŸher regeln sollen und das erste
Angebot
der Erben wahrnehmen mŸssen", meint ein Šlterer, soignierter Herr,
der
anders als viele andere Besucher die Bilder nicht zum ersten Mal sieht:
"Immer wieder bin ich hergekommen," so der Fin-de-sicle-Freund, "um
die
hervorragenden Bilder zu sehen." Und weil er sie nun vielleicht nie
mehr
wieder sehen wird, war das lange Warten fŸr ihn einfach ein Muss.
Gelassenheit regiert
Bis auf eine deutsche Besucherin, die Klimt als einen der bedeutendsten
šsterreichischen KŸnstler bezeichnet und seine Werke deswegen in Wien
und
nirgendwo anders sehen will, standen die vielen (Neo-)Klimt-Fans der
Restitution der Bilder einigerma§en gelassen gegenŸber: "Es ist schade,
aber
rechtmŠ§ig und okay", lie§e sich der gemeinsame Nenner der Befragten
zusammenfassen.
FŸr einige war Ÿberhaupt erst das angekŸndigte AbhŠngen der Bilder ein
Grund, das Belvedere, sonst nicht das gelŠufigste aller Kulturausflugsziele,
festlich gestimmt zu betreten. Ein Aufseher, der die langen Schlangen
fachkundig einwies, kramte gelassen in seinem Erfahrungsschatz: SpŠtestens
gegen 17 Uhr lasse der Ansturm der Schaulustigen nach.
Restitutionsgesetz
Ein Dame in Pelzmantel erzŠhlte, dass den Klimt-Bildern ihre ersten
Wiener
Museumsbesuche gegolten hŠtten: "SelbstverstŠndlich komme ich auch
dann,
wenn man sie letztmals betrachten kann." Ein anderer Herr gei§elt in
nachdrŸcklichen Worten das Restitutionsgesetz, das die Ausfuhr Ÿberhaupt
erst ermšgliche. Er bleibt mit seiner Meinung, zumindest an diesem
Nachmittag, jedoch ziemlich allein. (cb/DER STANDARD, Printausgabe,
6.2.2006
/ APA/red)