19. Oktober 2004
19:16 Ý Klimt-Prozess erst Ende
2005
Republik Österreich plädierte im Rechtsstreit Bloch-Bauer
auf lange
Vorbereitungszeit
Ý Los Angeles - Der Rechtsstreit um sechs Klimt-Bilder
aus der Sammlung
Ferdinand Bloch-Bauer, die in der NS-Zeit in die Österreichische
Galerie
gelangten und von Maria Altmann zurückgefordert werden, wird erst
in einem
Jahr vor Gericht fortgesetzt: Die US-Richterin Florence-Maria Cooper
hat den
Beginn der Verhandlungen auf 1. November 2005 gelegt. Randol E. Schoenberg,
Anwalt der Klägerin, plädierte für einen früheren
Termin, da seine Mandantin
88 Jahre alt ist; die Republik Österreich aber bestand auf eine
lange
Vorbereitungszeit. Sie will 37 Zeugen namhaft machen, so Schoenberg
in einer
Aussendung. (trenk/DER STANDARD, Printausgabe, 20.10.2004)
http://diepresse.com/Artikel.aspx?id=448222&channel=k&ressort=k
Interview:
"Da hätt' ma ja reden können!"
VON EVA MALE (Die Presse) 20.10.2004
Maria Altmann, die Nichte Bloch-Bauers, ist verbittert über die
Behandlung
durch Österreich.
Maria Altmann vor einer Reproduktion des berühmten Porträts
ihrer Tante
Adele Bloch-Bauer von Gustav Klimt. Die 88-Jährige lebt in Los
Angeles. |
(c) ap
Ich werde schließlich nicht jünger. Und Österreich
setzt auf Verzögerung.
Delay, delay - in der Hoffnung, dass ich sterbe." Maria Altmann ist
88,
wirkt aber frisch und munter. Gerade war sie beim Friseur und genießt
es
sichtlich, mit der Journalistin aus Österreich beim Lunch Deutsch
zu
sprechen. Ein altmodisches Wienerisch, das an die eigenen Großeltern
erinnert. "Kolossal", "fabelhaft" - das sind Wörter, die man heute
kaum mehr
hört. Kurzfristig hat Maria Altmann Zeit für ein Gespräch
gefunden - "Ja,
ich bin brav. Wenn nur Österreich auch so brav zu mir wäre",
seufzt sie.
Die elegante und geistig rege Dame, die noch bis zum Vorjahr in Los
Angeles
einen Modehandel für ältere Menschen betrieb, klagt über
die
"niederträchtige" Verhaltensweise Österreichs. Sie ist zermürbt
vom
Rechtsstreit um die von ihr beanspruchten Klimt-Bilder, zugleich aber
weiterhin optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass zu guter Letzt ein
amerikanisches Gericht uns die Bilder zuspricht." Eindeutig sieht sie
das
Recht auf ihrer Seite. "Das Testament meiner Tante Adele, auf das sich
Österreich beruft, enthält eine Bitte, keine Obligation."
Die Bitte der 1925
verstorbenen Adele Bloch-Bauer an ihren Mann Ferdinand, die sechs
Klimt-Bilder nach seinem Tod der Republik Österreich bzw. der
Österreichischen Galerie zu schenken.
"Das war allerdings vor den Nazis. Man hat uns alles weggenommen, mein
Mann
war in Dachau, wir haben viele Freunde verloren. Es ist unglaublich
anzunehmen, wir hätten die Bilder freiwillig der Regierung gegeben.
Die
Nazis haben die Bilder abgeschleppt, und nicht nur diese." Später
habe der
Anwalt der Familie, der 1948 das Testament anerkannte, dies "unter
Zwang"
getan, da es von Seiten des Belvedere-Direktion damals - quasi eine
Erpressung - geheißen habe: Wenn Sie uns die Klimts hier lassen,
dürfen Sie
den Rest ausführen. Die Nichte Bloch-Bauers verweist auf ein Schreiben
des
damaligen Direktors der Galerie, in dem dieser schon 1948 die "prekäre
Situation" beschrieb, "weil es keinen Beweis gibt, dass die Bilder
der
Österreichischen Galerie gehören".
Altmann ist über die Behandlung durch Österreich verbittert:
"Ich bin in
Wien mit Small-talk und ,Küss die Hand' abgefertigt worden. Frau
Gehrer zum
Beispiel war zuckerlfreundlich, hat über mich gelacht, über
die Enkel
geplaudert, aber die Klimt-Sache schnell abgetan, à la ,ich
weiß doch
ehÝ.Ý.Ý.'"
Es wäre etwas anderes gewesen, "wenn wir uns zusammengesetzt und
nach einer
Lösung gesucht hätten", betont Altmann, "und zwar noch bevor
mir riesige
Anwaltskosten entstanden sind. Dann hätte man über die Porträts
ja reden
können." Die Bloch-Bauer-Nichte meint, sie hätte sich bei
einer
konstruktiveren Haltung Österreichs "bemüht, dass zumindest
das Goldporträt
in Wien bleibt".
Adele Bloch-Bauer, die das berühmte Porträt zeigt, war Maria
Altmanns
"Doppeltante", an die sie sich noch gut erinnert, die aber "für
Kinder
nichts übrig hatte". Adele war die Schwester der Mutter, deren
Mann
Ferdinand zugleich Bruder des Vaters. In Wien lebte man wohlhabend
in der
Elisabethstraße - "das Haus haben wir übrigens auch nicht
zurückbekommen.
Zum Glück war ich ganz unverwöhnt, denn in Amerika mussten
wir am Anfang mit
35 Dollar pro Woche auskommen." Marias Mann Fritz hatte in Wien Gesang
studiert, konnte aber in den USA nicht Fuß fassen und verlegte
sich aufs
familiäre Strickwaren-Geschäft.
"Ich mache das Ganze als letzte Bloch-Bauer für meine vier Kinder,
meinen
Neffen, meine Nichte", so Altmann. Sollte sie die Klimt-Bilder je
zurückbekommen, werden sie aber nicht an eine Privatperson gehen,
sondern
nach Altmanns Wunsch "in amerikanische und kanadische Museen".
http://diepresse.com/Artikel.aspx?id=448223&channel=k&ressort=k
Causa Klimt:
Jetzt kommt der Vermittler im Rechtsstreit
VON BARBARA PETSCH (Die Presse) 20.10.2004
Im Rechtsstreit um Klimt-Gemälde im Belvedere wird in den USA
ein Mediator
eingeschaltet - und vielleicht jener Anwalt abgelöst, der den
Fall in der
Finanzprokuratur bisher betreute.
"Der Mediator ist in Verfahren dieser Art zwingend vorgeschrieben",
sagt
Gottfried Toman von der Finanzprokuratur zu einer Aussendung E. Randol
Schoenbergs, des Anwaltes, der Maria Altmann in den USA vertritt. Altmann
fordert aus der Österreichischen Galerie sechs Klimt-Gemälde:
"Adele
Bloch-Bauer I und II", "Apfelbaum I", "Buchenwald (Birkenwald)", "Häuser
in
Unterach am Attersee", "Amalie Zuckerkandl". Im Juni 2004 hatte das
US-Höchstgericht die US-Gerichte für zuständig erklärt,
den Prozess in den
USA zu führen. Nun sollen die Ansprüche in erster Instanz
inhaltlich geprüft
werden.
Die erste Verhandlung findet laut Schoenberg am 1.Ý11. 2005 statt. Die
Streitparteien hätten auch zugestimmt, Gespräche mit einem
privaten Mediator
zu führen. Dieser Vermittler solle von den Parteien vor dem 7.ÝMärz
2005
ausgewählt werden. Österreich wolle in diesem Verfahren 37
Zeugen benennen,
darunter viele Beamte aus Österreich.
Wie schaut es mit den Prozesskosten aus? "Die 350.000 Dollar, die bisher
genannt wurden, werden nicht reichen. Ich wäre nicht überrascht,
wenn das
Verfahren Österreich einige Millionen Dollar kosten würde",
meint
Schoenberg. Ist ein US-Urteil überhaupt vollstreckbar in Österreich?
"Ich
denke schon. Wenn nicht, könnte österreichisches Eigentum
in den USA oder
anderswo beschlagnahmt werden", meint Schoenberg. Andere Rechtsexperten
bezweifeln das.
"Das Urteil eines US-Gerichtes ist in Österreich nicht vollstreckbar.
Beschlagnahmungen sind denkbar, aber das ist weit hinter dem Horizont",
meint Gottfried Toman von der Finanzprokuratur, der das Verfahren seit
Jahren betreut. Ist es richtig, dass, wie man hört, er abgelöst
und der Fall
jemandem anderen in der Finanzprokuratur übertragen werden soll?
Toman:
"Davon weiß ich nichts."
Wie geht es nun weiter? Mediator, das klingt nach einem Kompromiss.
Hätte
man den nicht besser geschlossen, bevor die US-Justiz eingeschaltet
wurde?
"Ein Mediator bedeutet nicht notwendig einen Kompromiss, sondern er
soll die
Streitparteien auf eine Lösung bringen, an die sie vielleicht
noch nicht
gedacht haben. Wir wollen auf jeden Fall einen internationalen Experten,
nicht einen pensionierten Richter aus Los Angeles, der keinen Bezug
zu dem
Thema hat."
Da Altmann kein Geld für das Mediationsverfahren habe, habe Schoenberg
vorgeschlagen, die Kosten für die Mediation sollen von Österreich
getragen
werden. Kommentieren will Toman das nicht. Die Zeugen, die von Österreich
aufgestellt werden, seien überwiegend identisch mit den Zeugen,
die
Schoenberg einladen will. Sie seien u. a. in Österreich, Kanada,
den USA,
Schweden zu Hause. Es sei fraglich, ob sie in die USA kommen wollen,
können.
Rund 6000 Akten gäbe es mittlerweile laut Toman zu dem Fall, viele
Dokumente
müssen nun übersetzt werden. Toman glaubt nicht, dass das
Verfahren so rasch
abgeschlossen werden kann, wie das von Schoenberg im Interesse der
88-jährigen Klägerin gewünscht wird. "Da sind noch viele
sehr rechtliche
Fragen zu klären." Österreich beruft sich weiterhin auf das
Testament von
Adele Bloch-Bauer von 1923, das 1948 vom Anwalt der von den Nazis
vertriebenen Familie Bloch-Bauer anerkannt worden sei, erklärt
Toman.