Klimt-Bilder:
"US-Zuständigkeit noch nicht ganz geklärt"
(Die Presse) 02.07.2004
Österreich kämpft im Streit um sechs Klimt-Gemälde auch
nach einer
Vorentscheidung des US-Supreme-Court gegen die Zuständigkeit der
amerikanischen Justiz an.
"Es ist auch im Interesse anderer Staaten gerechtfertigt auszuloten,
welche
Möglichkeiten man noch hat, die Zuständigkeit der amerikanischen
Gerichte zu
bestreiten." Botschafter Hans Winkler, Leiter des Völkerrechtsbüros
im
Außenministerium, will im Streit der Bloch-Bauer-Erbin Maria
Altmann gegen
Österreich um die Herausgabe von sechs Klimt-Gemälden alles
unternehmen, um
die Fortsetzung des Verfahrens vor amerikanischen Gerichten abzuwenden.
Die
Zuständigkeit sei nur unter einem Teilaspekt geklärt, so
Winkler zur
"Presse".
1999 hatte Maria Altmann, die 88-jährige Nichte von Adele und Ferdinand
Bloch-Bauer, Anspruch auf sechs Gemälde Gustav Klimts erhoben,
die sich in
der Sammlung der Österreichischen Galerie Belvedere befinden.
Fünf davon
waren nach dem letzten Willen Adele Bloch-Bauers der Österreichischen
Galerie geschenkt worden, das sechste war als Geschenk einer Kunsthändlerin
in den Besitz des Museums gekommen. Der österreichische Kunstrückgabebeirat
prüfte 1999 die Rechtslage und entschied gegen eine Restitution.
Um hohe
Prozesskosten in Österreich zu vermeiden, klagte Altmann die Republik
und
die Galerie in den USA.
Wie berichtet, hat das Höchstgericht der USA eine Vorentscheidung
gegen
Österreich gefällt: Der Supreme Court hat verfügt, dass
das amerikanische
Gesetz über die Staatenimmunität aus dem Jahr 1976 (Foreign
Sovereign
Immunities Act - FSIA) auf frühere Fälle zurückwirkt
- und damit auch die
Ausnahme von der Immunität für den Fall völkerrechtswidriger
Enteignungen.
Die Entscheidung bricht mit dem Grundsatz der souveränen Gleichheit
der
Staaten. Nicht aus moralischen, sondern aus völkerrechtlichen
Gründen ist
Winkler der Meinung, dass die Zuständigkeit, über andere
Staaten zu
urteilen, nicht so leicht in Anspruch genommen werden dürfe. "Wir
werden
jede mögliche Einwendung erheben", sagt Winkler. Einziger Anknüpfungspunkt
für die US-Gerichte ist der Umstand, dass Maria Altmann US-Staatsbürgerin
ist. - Laut Winkler könnte die Zuständigkeit der amerikanischen
Justiz noch
immer aus dreierlei Gründen entfallen: Erstens müsse, selbst
wenn man den
FSIA anwende, noch erwiesen werden, dass eine völkerrechtswidrige
Enteignung
vorlag (und, doch das haben die Vorinstanzen schon eindeutig bejaht,
Österreich bzw. die Österreichische Galerie müsste in
den USA "kommerzielle
Aktivitäten" entwickeln). Zweitens könnte die behauptete
Enteignung ein vom
innerstaatlichen Recht gedeckter Hoheitsakt ("Act of State") gewesen
sein,
der sich trotz FSIA einer ausländischen gerichtlichen Beurteilung
entzöge,
meint Winkler. Schließlich könnte das Verfahren noch mit
der Begründung
fallen gelassen werden, dass es um eine politische Frage des
zwischenstaatlichen Verkehrs kreise. Erst wenn alle diese Einwände
geklärt
seien, habe die US-Justiz endgültig die Befugnis, in der Sache
zu
entscheiden.
Wie realistisch die Hoffnung ist, einem Prozess in den USA noch zu entgehen,
ist, wie Winkler einräumt, "eine andere Frage". Allerdings sei
man - mit
Ausnahme der FSIA-Frage - wieder in der ersten Instanz und habe erneut
alle
Rechtsmittel zur Verfügung. Und die wolle Österreich auch
ergreifen. kom
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